Dress Code - Das Spiel mit der Mode

Eine Ausstellung in der Bundeskunsthalle Bonn, vom 21. Mai bis zum 12. September 2021

Erfrischend, wundervoll bunt, kreativ und noch dazu lebendig, ist die Ausstellung „Dress Code“, die ab sofort in der Bundeskunsthalle in Bonn zu sehen ist. Ein Rundgang durch die Modeoase kann für die Besucher zu einer Regeneration der Sinne nach der grauen Coronazeit werden.
 

Um die Wechselwirkungen von Mode, Gesellschaft und Kunst und um Trendsetter und Ideenfinder geht es in der Ausstellung. Mode vermag so viel, wird einem klar. Ihr Stellenwert rückt in den Focus. So ist Kleidung identitätsbildend, sie schützt vor Kälte oder tarnt vor Gefahren. Sie wärmt und das gesamte Outfit zeigt dem Gegenüber, wer man ist oder zumindest sein möchte und wo man hingehört. Kleider machen eben Leute und es stellt sich die Frage, wer wären wir ohne Kleidung?

Glamouröse Mode – Alltagsmode – Mode für den Laufsteg – Mode in der Kunst

Um das Spiel mit der Mode und ihre vielschichtigen Bedeutungen geht es bei jedem Exponat. In den Ausstellungsräumen entdecken die Besucher Mode für den Alltag, glamouröse Mode, Mode für Rebellen, für den Laufsteg, zum Nachahmen, zum Verkleiden, zum Sehen und Gesehen werden, Unbequemes oder Mode zum Wohlfühlen. Zwei aufgehäufte T-Shirt-Berge, liegen direkt am Eingang, fertig zum Recycling. Dahinter präsentieren Schaufensterpuppen klassische Businessuniformen für den Job von Giorgio Armani für Mann und Frau, Herrenanzüge à la mit „Schirm, Charme und Melone“ aus dem Jahre 1900 der New Yorker Bekleidungsfirma Rogers Peet Company oder Anzug Variationen, die bunt aus der konventionellen Reihe tanzen wie von Paul Smith (Spring/Summer 2000).

Coco Chanel

In einem anderen Raum der Bundeskunsthalle sind Kostüme von richtungweisenden Stilikonen wie Coco Chanel ausgestellt. Wunderschön. Ein Beispiel wie Mode das Bild der Frau in der Gesellschaft verändern konnte, ist beispielsweise ein schwarzes Kostüm von Gabriele Chanel aus dem Jahre 1928. Schwarz als Modefarbe für unabhängige Frauen wurde durch das von Coco Chanel entworfene „Kleine Schwarze, Petite Robe Noire“ etabliert.

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Gabriele Chanel Day Ensemble 1966, Foto: Nikola Raegener

Das schlichte, bequeme Etuikleid in Schwarz wurde schließlich zum Symbol für die aktive, moderne, nach Unabhängigkeit strebende Frau. Das georgisch-deutsche Modeunternehmen Vetements, gleich daneben, kopiert ganz einfach frech die Arbeit der Stilikone. Das Ergebnis ist für den Laien zum Verwechseln ähnlich. Nur die Embleme auf den Knöpfen verraten, wer bei der Kopie dahinter steckt. Ein Beispiel für eine Anspielung auf ein Spiel, das es genauso in der Kunst gibt, etwa in der Popart. Nach dem Motto, ich gestalte etwas aus meinem Fundus und gebe dem Ergebnis als i-Tüpfelchen meinen Namen.

Zu den kreativsten zeitgenössischen Künstlerinnen der Modewelt zählt sicherlich die Designerin Rei Kawakubo des japanischen Luxuslabels Commes des Garcons. Wallende berauschend bunte Gewänder mit Mangazeichnungen sind von ihr zu sehen. Flippig, niedlich und wundersam. Die Shilouetten (Spring/Summer 2018) entstanden in Kooperation mit dem japanischen Mangazeichner Makoto Takahashi.

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Comme des Garcons / Rei Kawakubo Dress Spring / Summer 2018, Foto: Nikola Raegener

Kunst in der Mode

Von Louis Vuitton sind Handtaschen in Kombination mit zeitgenössischer Kunst aus dem Louvre zu entdecken, als eine Art Ausstellungsfläche, versehen mit der Mona Lisa oder mit Landschaften van Goghs, die in Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Künstler Jeff Koons, der ja bekanntlich gerne mit Alltagsgegenständen jongliert, entstanden. Handtaschen, die den Bildungsgrad ihrer Träger transportieren sollen und gleichzeitig Kunst zu einem Bestandteil des Outfits machen. Der Fotograf Jürgen Teller wiederum nutzt eine riesige Ausstellungswand gleich gegenüber fast komplett für seine Fotoserie zum Thema Accessoires. Manch Schlabberlook wird auf seinen Fotos mit einer Statement-Handtasche zum angesagten It-Style umfunktioniert.

60 richtungsweisende Designer*innen der letzten 100 Jahre sind insgesamt in der Bundeskunsthalle zu sehen. Auch einen Einblick in die Einkaufswelt von morgen bekommen die Besucher präsentiert. Shoppen, ohne sich Umziehen zu müssen. Im Fashion Lab können die Besucher mit Mode am eigenen Körper visuell experimentieren. Vor dem Smart Mirror stylt man sich virtuell. Ein kurzes Handzeichen dafür genügt dem Spiegel. Ein zauberhaftes Spiel mit digitalisierter Ready-to-wear und Haute-Couture Kreationen beginnt. Beim Rundgang durch das Fashion Lab, ein großer Raum mit einem Modeparcours, entdeckt man darüber hinaus Modeentwürfe von 13 deutschen Modedesigner*innen. Etwa von Michael Sontag, Tra My Nguyen oder Julia Heuer. Am Ausgang des Fashion Lab gibt’s dann auch noch ein T-Shirt to go aus dem Automaten, als Souvenir zu kaufeSchon immer drückte Kleidung aus, wer zu einer gesellschaftlichen Gruppe gehört – und wer nicht. Die Geschichte der Mode hat ihren Anfang mit dem Beginn der Menschheit und einem sich entwickelnden Reglement. Zu Beginn war die Frage nicht „Was will ich tragen?“, sondern „Was muss ich tragen, um erkannt zu werden“, je nachdem aus welcher gesellschaftlichen Schicht man stammte.

Modegeschichte

Bereits im Altertum und im Mittelalter gab es strenge Vorschriften, was die Kleiderordnungen betraf. Gesetzlich wurde im 14. Jahrhundert etwa zu einem festen Bestandteil der Gesetzgebung, dass dem Adel das Tragen von Seide, Spitzen, Pelz und kostbarem Schmuck vorbehalten waren. Tatsächlich wird 1530 die Rangordnung der verschiedenen Pelzarten, die eine herausragende Rolle, bei der Unterscheidung der Herkunft spielten, detailliert in der Reichspolizeiordnung aufgenommen. So trugen die Männer von Adel etwa Rückenmarder und Frauen trugen Eichhörnchenfell. Bauern oder Tagelöhnern hingegen war lediglich das Tragen von Fellresten von Lamm, Ziege oder Kaninchen gestattet.

Und überhaupt, das einfache Volk trug damals Kleidung aus Hanf, Nessel, Leinen und Wolle. Wahrscheinlich hätte sich damals niemand auch nur im Entferntesten vorstellen können, dass die einst üblichen Stoffe heute Ökomaterialien sind und irgendwann einmal einen gehobenen Stellenwert haben würden und bei teuren und angesagten Ökolabels für jeden, unabhängig von seiner Herkunft, gekauft werden könnten. Aufgrund des Preises allerdings eher von den Besserverdienenden.

Kleiderordnungen unterliegen also als Spiegel der Gesellschaft einem Wandel, so wie die Gesellschaft.

Heutzutage kann jeder seinen persönlichen Kleidungsstil, zumindest in unserer westlichen demokratischen Gesellschaft, selbst wählen. Ausschlaggebend ist mittlerweile vielmehr wie man Mode kombiniert, als welches Kleidungsstück man trägt. Genderübergreifende Kleidung wird zunehmend gerne getragen und oft geht es mehr um ein Statement, das eine bestimmte Marke transportiert, als um das Kleidungsstück an sich. Dress Codes werden von InfluencerInnen gemacht, deren Wirkungskreis die sozialen Medien sind. Hier gilt: „Ich mache mir die Welt wie sie mir gefällt“. (Pippie Langstrumpf).Die Bedeutung von Stoffmustern

Zunächst zur Tarnung und weniger als modisches Kleidungsstück diente der 1909 von Thomas Burberry entworfene Trenchcoat. Englische und französische Soldaten trugen den Mantel aus festem wasserabweisenden Gabardine-Stoff in den Schützengräben. War der Zweck des Zweireihers zunächst ausschließlich funktional, gewann er zunehmend an modischer Bedeutung und wurde zum Symbol für Coolness in dem Filmklassiker Casablanca, getragen von Filmstars wie Humphrey Bogart.

Auch das Camouflage-Muster stammt aus der Zeit des ersten Weltkrieges. Die Idee einer Künstlergruppe, die dem Kubismus nahe stand. Man versuchte Muster zu entwickeln, die die Soldaten im Gelände für den Feind unsichtbar machten. In den 60er, 70er und 80er Jahren wurde das Camouflage-Muster dann beispielsweise auf Parkas oder auf Hosen der Protest- und Punkbewegung modern. Ab den 90er Jahren wurde das Muster in Khaki-, dunklen Grün-, Beige- und Brauntönen lediglich rein modisch eingesetzt und heute möchten die Träger damit eher gerne auffallen, als sich verbergen.

Moderne Dresscodes sind stillschweigende Übereinkünfte seitens eines Gast- oder Arbeitgebers geworden, an die sich mehrheitlich gehalten wird. Dress Codes bestehen also weiterhin! Auch wenn sie leichter aufzulösen sind und wenn es mal nicht so richtig passt, wird man höchstens mit einem vernichtenden Blick gestraft. In der Ausstellung in der Bundeskunsthalle kann man Dress Codes verfolgen, ohne sie zuvor zu kennen.

Die Ausstellungsmacherinnen

Auf die Idee, die Ausstellung exklusiv in die Bundeskunsthalle nach Bonn zu holen, kam die Intendantin der Bundeskunsthalle, Eva Kraus, bei einem Besuch in Kyoto, erzählt sie: „Mode ist unterrepräsentiert in Ausstellungen in Deutschland und ich möchte mehr Alltagskultur im Museum zeigen“, sagt die erste Frau an der Spitze des Bundeskunsthalle.

Das Ziel der Ausstellung ist: „Über die universelle und aktuelle Bedeutung von Kleidung und Mode nachzudenken“, so die Kuratorin Susanne Kleine. Das Spiel mit der Mode kann zufällig oder gewollt sein. Die stillschweigend vorausgesetzten Kleiderordnungen können überall entstehen. Das wird klar. Auf der Straße und sich zu Subkulturen wie etwa der Punk-Bewegung entwickeln.

 

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Vetements / Demna Gvasalia, Autumn / Winter 2017, Foto: Nikola Raegener

  

Genauso in den Medien wie beispielsweise von Marlon Brando im Film The Wild One (1953), der die Biker Jacke zum Symbol der jungen Rebellen, aber gleichzeitig auch gesellschaftsfähig machte. Wurde die Biker-Jacke zunächst Ende der 70er Jahre zum Markenzeichen der Punks, ist sie heute in allen möglichen Schnitten für jeden, unabhängig von Alter oder Geschlecht, tragbar. Brachte man zu Beginn eine Bikerjacke eher mit Drogen, Rebellion und Alkohol in Verbindung, ist sie heute schick, manchmal sogar nobel und gesellschaftsfähig geworden. Ihren funktionalen Sinn hat sie wohl nur noch im Motorsport behalten.

Mode ist ein Ausdrucksmöglichkeit der eigenen Persönlichkeit geworden. Ein Trend, der in unserer Gesellschaft zunimmt, da unsere Gesellschaft dies auch ermöglicht.

Die Exponate entstammen der Kollektion des Kyoto Kostüme Institute, aus Museen weltweit und von Designern und Sammlern.

Besucher-Tickets gibt es online bei bonnticket

Kontakt:
Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH
Museumsmeile Bonn
Helmut-Kohl-Allee 4
53113 Bonn
Information
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F +49 228 234154
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